Kapitel 19

Die Steine kommen ins Rollen

 

Ein Tag wie jeder andere. Diesmal sind auch Elladan und Elrohir, die Aurora kurzerhand zu ihrer Schwester erklärt haben, bei dem Training dabei. Es ist lustig zu sehen wie sie fechten.

 

Doch ich muss mich, wenn auch wiederwillig, wieder den Rekruten zuwenden. In den letzten Wochen kam immer häufiger Glorfindel vorbei, um die Fortschritte der Rekruten zu beobachten. Nach und nach wurden dann alle – bis auf Canonnaur und einige die noch zu jung waren - in die Gruppe der Krieger beordert, dafür habe ich immer mehr Frischlinge, wie die neuen in gutmütigen Spott genannt werden, bekommen. Was soll ich sagen? Es ist schlicht ergreifend eine Katastrophe! Ein Gutes hat es allerdings: Canonnaur ist nun der Beste, wodurch er erheblich an Selbstvertrauen gewinnt.

 

„Wie hältst du denn dein Schwert, Junge?“ Ich gehe im Sturmschritt auf einen der neuen Rekruten zu und reiße ihm sein Schwert aus der Hand. „Bei dir brauchen sich die Orks keine Mühe zu geben, sie müssen blos warten, bis du dich selbst aufspießt! Es ist ein wahres Wunder, dass du Klinge und Griff unterscheiden kannst, und nicht versuchst, einen Ork mit dem Griff aufzuspießen, während du dir selbst die Klinge in die Brust rammst!“ Ich versuche ruhig zu bleiben, doch an dem verschüchterten Blick des Jungen sehe ich, dass es mir nicht gelingt.

 

„Hab Nachsicht mit dem Kleinen“, erklingt eine Stimme hinter mir und gleich darauf legt mir Lirulin freundschaftlich den Arm um die Schulter.

 

„Es ist schrecklich!“ Mit einer übertrieben verzweifelten Geste vergrabe ich das Gesicht in den Händen. „Einer steht einfach nur da und bewegt sich kein Stück, der nächste hüpft so herum, dass der Gegner nur das Schwert hinhalten muss und er reinspringt, bei ihm hier muss sich der Gegner nicht einmal die Mühe machen, das Schwert hinzuhalten, der spießt sich selber auf!“ Mittlerweile habe ich mich in Rage geredet. Ich will grade ansetzen um weiter zu schimpfen, als ich spüre, wie Lirulin zuckt. Erst nach einiger Zeit begreife ich, dass er sich vor unterdrückten Lachen schüttelt.

 

„Du findest das also auch noch lustig?! Ein toller Freund bist du!“ Damit reiße ich mich ruckartig los. „Packt die Schwerter weg ehe sich noch einer ernsthaft verletzt. Holt die Bögen und baut die Zielscheiben auf!“

 

Nachträglich bereue ich den rüden Ton, die Armen können ja wirklich nichts dafür, aber ich habe mich eben in der letzten Zeit an meine alten Jungs gewöhnt, die ja alle schon recht gut waren und jetzt das!

 

Die angehenden Krieger wollen wie üblich die Zielscheiben in dreißig Yards Entfernung aufstellen, doch ich rufe sie zurück, stattdessen sollen sie sie mit fünfzehn Yards anfangen.

 

„Wenn jetzt einer von euch daneben schießt“, drohe ich, während ich die Reihen abschreite – die Haltung ist Katastrophal und so beschränke ich mich darauf die gröbsten Fehler zu bereinigen – „schicke ich denjenigen höchstpersönlich zu Erestor, der euch zu braven Schreiben macht. Habt ihr verstanden?“ Betroffenes Gemurmel, das wohl Zustimmung sein soll. „Habt ihr verstanden?“, diesmal schreie ich schon fast und schlage dabei einen so scharfen Ton an, dass die jungen Elben zusammenzucken und strammstehen. „Aye“ kommt es einstimmig laut und deutlich zurück.

 

„Sehr schön“, sage ich, diesmal allerdings wesentlich leiser. So konzentriert habe ich die Rekruten selten gesehen, als sie nun ihre Bögen heben, zielen und schießen. Es geht nicht jeder Schuss ins Schwarze, doch zumindest sind die Meisten nahe dran.

 

„Schon ganz gut, immerhin ist keiner völlig danebengegangen. Erestor wird heute wohl keine neuen Schreiberlinge bekommen.“ Ich will grade den Befehl zu geben, die Zielscheiben um fünf Yards nach hinten zu versetzen, als der Hufschlag eines galoppierenden Pferdes erklingt. Verwundert schließe ich den Mund wieder und drehe mich um.

 

Eigentlich galoppiere doch nur ich hier in Imladris, die anderen kommen und gehen eigentlich gesittet im Schritt.

 

Selbst aus dieser Entfernung sehe ich, wie die von Schweiß und – ist das Blut? -  bedeckten Flanken des muskulösen Kohlfuchses schlagen und die helle Mähne an dem schweißnassen Hals des Tieres klebt. Er wird langsamer und bleibt schließlich zitternd stehen. Die hübschen braunen Augen rollen panisch und die Ohren sind flach angelegt. Mehr noch als das Verhalten des Pferdes verwundert mich allerdings die Haltung des Reiters. Er hängt schiefer im Sattel als ein nasser Sack.

 

Vorsichtig, aber dennoch zügig gehe ich auf das verschreckte Pferd zu. Als ich in seine Nähe komme beginnt er unruhig auf der Stelle zu tänzeln. Langsam beginnt der Reiter zur Seite wegzurutschen.

 

Eine andere Elbin – Mallanglîn – hilft mir aus meiner Zwickmühle – ich kann nicht das Pferd festhalten und gelichzeitig den Reiter auffangen – indem sie die Zügel des Hengstes packt.

 

„Sein Name ist Alphmorn, er war für diese Woche für die Patrouille eingeteilt. Ruhig Mornarám.“ Besänftigend krault Mallanglîn den Stern auf der Stirn des Hengstes.

 

„Was ist wohl aus dem Rest der Patrouille geworden?“, fragt Glorfindel besorgt und hilft mir Alphmorn vom Pferd zu heben. Als wir ihn ablegen stöhnt er leise trotz seiner Bewusstlosigkeit. Er muss sehr starke Schmerzen haben.

 

„Holt eine Trage!“, befiehlt Glorfindel niemand bestimmten. Sogleich springt einer der jüngeren Elben auf und rennt  zum Haupthaus.

 

„Wir können nicht warten bis sie hier sind!“, erkläre ich leise und ziehe mein Springmesser aus der verborgenen Tasche im Gürtel. Ich lasse es aufschnappen und mich daran, die Tunika des Kriegers aufzuschneiden. Es ist mit Blut am Körper festgeklebt und als Glorfindel und ich sie vorsichtig von der Haut lösen stöhnt Alphmorn ein weiteres Mal leise.

 

„Dein Umhang“, befiehlt mir Glorfindel ohne aufzublicken. Rasch löse ich die Raubkatzenförmige Spange und lege den Umhang neben den verletzten auf den Boden. Vorsichtig legen wir ihn bäuchlings darauf und ziehen ihm die Tunika gänzlich aus.

 

„Bei den Valar“, haucht eine erstickte Stimme hinter mir. Es ist der junge Elb. Er steht wie versteinert da und starrt auf den Rücken des Kriegers. Der junge Elb, dessen Name mir entfallen ist, trägt gemeinsam mit einem der Heiler eine Trage, von der ich nun seine schweißnassen Hände löse und sie neben den Verletzten lege.

 

Mit sicheren Griffen legen der Heiler und Elrond, der seine Tasche für Notfälle dabei hat, den Verwundeten auf die Trage. Rasch untersucht Elrond Alphmorn und stellt fest,  dass er hier  nichts für ihn tun kann.

 

Kaum dass wir mit dem Verwundeten in einem der Zimmer im Krankenflügel des Haupthauses ankommen, ist Elrond beladen mit allem möglichen Zeugs, von dem ich nur die Verbände identifizieren kann auch schon wieder da. Während sich der andere Heiler daran macht, den gesamten Körper des Kriegers zu behandeln, kümmert sich Elrond ausschließlich um die schlimmsten Wunden.

 

Zuerst wäscht er sie aus, dann trägt er verschiedene Salben und Tinkturen auf. Ich erkenne nur eine davon, Schafgebe, eine Pflanze, die auch in meiner Heimat häufig bei Verletzungen angewendet wird, da sie die Blutungen stillt.

 

Die beiden Heiler arbeiten schweigend Hand in Hand, nur hin und wieder murmelt einer kurze Befehle wie „Anheben“ und „Umdrehen“.

 

Nach einer halben Stunde, in der Glorfindel und ich nur untätig dastehen und die beiden Heiler bei ihrer Arbeit beobachten konnten, richtet sich Elrond mit einem Seufzen auf. Er ist ungewöhnlich bleich und in seinen grauen Augen liegt ein besorgter Schimmer.

 

Alarmiert versteift sich Glorfindel. „Was ist?“, verlangt er zu wissen.

 

Mit einer für ihn ungewöhnlich fahrigen Bewegung deutet Elrond auf den Verwundeten. „Sie dir die Verletzungen an, kommen sie dir nicht auch bekannt vor?“

 

Zögerlich tritt Glorfindel näher an das Krankenbett heran. Eine Weile blickt er starr darauf, dann atmet er zitternd ein. Nun besehe auch ich mir die Wunde genauer, draußen habe ich nicht besonders auf sie geachtet, zu sehr war ich darauf bedacht Alphmorn nicht weh zu tun, als unbedingt möglich.

 

Mehre tiefe Striemen ziehen sich über den hellen Rücken. Teils sind sie von den verschiedenen Salben verdeckt, doch sie sind immer noch gut zu erkennen. Wer auch immer das getan hat muss sehr grausam und unglaublich stark gewesen sein. Verwundert runzle ich die Stirn, die Wundränder sehen merkwürdig aus. Dann setzen sich alle Eindrücke in meinem Kopf zusammen und das Ergebnis macht mir Angst.

 

Die Striemen kommen von einer brennenden Peitsche, der, der den Elben so zugerichtet hat, war ein Balrog.

 

Wie erstarrt stehe ich an dem Krankenbett, bis mich Elrond mit sanfter Gewalt zur Seite schiebt, um mit Hilfe des anderen Heilers die Verbände anzulegen.

 

„Wir müssen Boten zu allen Völkern Mittelerdes schicken“, sagt Glorfindel, der seine Fassung zum Teil wiedergewonnen hat.

 

„In einer Stunde gibt es eine Versammlung auf dem Söller.“ Viel deutlich hätte Elrond den Rausschmiss gar nicht formulieren können. Glorfindel öffnet den Mund um zu protestieren, doch ich ziehe ihn am Ärmel nach draußen und ziehe die Tür leise zu.

 

„Lass mich reiten!“, fordere ich eindringlich. „Du weißt, dass ich dafür am beste geeignet bin!“

 

„Du kennst dich doch hier in Mittelerde überhaupt nicht aus!“ Mit einer Energischen Handbewegung wische ich den Einwand beiseite. „Ich werde das schaffen. Schotaker ist das zweitschnellste Pferd von Imladris und ich bin eine gute Kämpferin, außerdem gibt es Karten mit denen ich mich orientieren kann.“ Schon fast verzweifelt seufzt er. Ihm ist klar, dass er mich nicht umstimmen wird.

 

„In Ordnung.“ Damit dreht er sich um und auch ich gehe meiner Wege. Ein wütender Glorfindel ist keine gute Gesellschaft. In meinem Zimmer angekommen nehme ich die Satteltaschen und überprüfe sie noch einmal, ob sie auch wirklich gut bearbeitet  sind. Als ich feststelle, dass alles zu meiner Zufriedenheit ist, gehe ich in mein Schlafzimmer und suche dort zwei Hemden, eine Hose und eine Tunika, die innen mit einem warmen Pelz gefüttert ist. Aus der Kommode im Wohnraum zaubere ich noch zwei warme Decken hervor. Rasch verstaue ich alles gleichmäßig in den Satteltaschen.

 

Brauch ich noch etwas? Eine Weile stehe ich reglos da und denke nach: ich habe alle Kleidung die ich brauch – ich bezweifle dass ich förmliche Kleidung brauche – die Rüstung lege ich erst beim Aufbruch an, die Waffen ebenfalls, um Verpflegung kümmern sich die Küchenelbinnen und Schotaker hat keine großen Ansprüche. Also, ich hab alles. Dann denke ich an den bevorstehenden Abschied und seufze traurig. Aber es ist ja nicht für immer.

 

Meine innere Uhr – auf die ich mich immer zu hundert Prozent verlassen kann – sagt mir, dass bereits eine halbe Stunde seit dem wir von Elrond rausgeschmissen wurden, vergangen ist.

 

Ich verlasse meine Wohnung und wandre ziellos in dem Gebäude umher. Nach einer Weile stelle ich fest, dass meine Füße mich zur Bibliothek getragen haben. Ich betrete den Raum mit den Regalen, die um ein vielfaches höher sind, als ich, und atme genießerisch den Geruch von Leder und altem Pergament ein, dann gehe ich zu einer dezenten Tür, hinter der sich Erestors Arbeitszimmer befindet.

 

Leise klopfe ich an. „Herein“, kommt es ruppig wie immer von drinnen.

 

Sorgfältig schließe ich die Tür hinter mir. „Ich hatte dich schon erwartet“, sagt Erestor, ohne von seiner Arbeit auf zu sehen. Stumm bleibe ich stehen und warte, bis er aufsieht. Nach zehn Minuten wischt er die Feder ab, schraubt das Tintenfass zu und steht auf. Ich verfolge reglos, wie er zu dem gigantischen Regal geht und etwas herausnimmt.

 

„Das ist die Karte von Mittelerde“, sagt er endlich. Er breitet die große, detailliert ausgearbeitete Karte auf seinem wie immer untadlig sauberen Schreibtisch aus. „Wir sind hier.“ Er deutet auf einen Punkt am westlichen Rand eines langen, von Norden nach Süden verlaufenden Gebirges. HITHAEGLIR steht in Elbischen Buchstaben darauf, Türme des Nebels – das Nebelgebirge. „Du reitest hier entlang…“ Er fährt mit dem schlanken Zeigefinger westlich des Nebelgebirges Richtung Süden.

 

Dann tippt er auf ein einen weiteren Punkt. „… bis hierher. Das ist Hadhodrond, die Zwergenstadt. Der König von Hadhodrond ist Durin III, die du sicher weist. Die Zwerge nennen ihre Stadt Khazad-dûm, besserbekannt ist sie allerdings unter dem Namen Moria. Sie liegt unter dem Berg Cahadras, die verborgene Tür besteht aus Ithildin und ist daher nur bei Sternen- und Mondlicht sichtbar. Das Losungswort ist Freund. Aber…“, hier hebt er mahnend den Zeigefinger. „Gib Acht, im Wasser lebt ein Wächter, schrecke ihn blos nicht auf. Die Zwerge werden dich hoffentlich auf die andere Seite bringen. Berichte auch ihnen von den Erstarkenden Kräften in Mordor und von dem Balrog.“

 

Er deutet wieder auf die Karte, diesmal östlich des Nebelgebirges. „Hier ist das Schattenbachtor. Von hier aus folgst du dem Celebrand…“, er deutet auf einen Fluss, der seinen Ursprung im Nebelgebirge hat und in Südöstlicher Richtung fließt, bis er sich mit dem Nimrodel vereinigt. Dann fließt er durch Lórien, das auf der Karte als eher kleiner Wald dargestellt ist, und mündet dann im Anduin.

 

Erestor tippt auf den kleinen Wald „…bis nach Lórien. Hier regiert offiziell König Amroth, doch in Wirklichkeit liegt die Macht in den Händen von Galadriel und Celeborn. Berichte allen dreien von dem nahenden Unheil. Folge dann weiter dem Anduin…“ sein Finger wandert weiter nach Süden „…bis nach Osgiliath, der Hauptstadt Gondors, du kannst sie nicht verfehlen, sie liegt direkt am Anduin. Hier herrscht Elendil. Wenn du auch ihm Bericht erstattet hast, reitest du zurück nach Imladris.“

 

Aufmerksam verfolge ich seine Ausführungen und versuche mir alles so genau wie möglich einzuprägen. Anschließend nicke ich langsam zum Zeichen, dass ich verstanden habe.

 

„Ach ja, auf deiner Rückreise wirst du in Lórien eine längere Rast einlegen müssen, da du deinen Auftrag nicht vor Einbruch des Winters erfüllen können wirst und es Selbstmord wäre, im Winter durch das Nebelgebirge zu reiten. Und ich soll dir von Angreninaur ausrichten, dass du nachher zu ihm kommen sollst.“ Man sieht ihm an, dass er von seiner Rolle als Bote alles anderes als begeistert ist.

 

Ich verbeuge mich leicht und bedanke mich höflich, dann drehe ich mich um und gehe zur Tür. Als ich schon die Klinke in der Hand habe hält mich der Gelehrte noch einmal zurück: „Sureto, du weißt, ich halte nicht viel von Glück, dennoch wünsche ich dir viel davon. Du wirst es brauchen.“ Um seine Mundwinkel spielt ein angedeutetes Lächeln.

 

„Danke Erestor, dir auch“, ich schenke ihm ein warmes Lächeln, dann wende ich mich ab und gehe Endgültig.

 

Ich nutze die letzten Minuten vor der Versammlung, um noch einmal auf den Kampfplatz zurück zu kehren, um Aurora und Lirulin Bescheid zu geben, mich darauf verlassend, dass mein Gwador sich um das Mädchen kümmert, solange ich fort bin.

 

Als ich der Kleinen von meiner Reise erzähle, bricht sie in Tränen aus und klammert sich an mir fest, fest entschlossen, mich nicht gehen zu lassen.

 

„Sht tithen Lothhen nin ich komme ja wieder.“ Ich gebe ihr einen leichten Kuss auf den Scheitel, dann stehe ich mit ihr auf dem Arm auf – sie will mich um keinen Preis loslassen – und gehe gemeinsam mit Lirulin zurück zum Haupthaus.

 

Wir haben grade erst die Hälfte des Weges hinter uns, als die Glocke, zu läuten beginnt, die für gewöhnlich zu den Versammlungen und Ratssitzungen ruft, manchmal aber auch den Beginn eines Festes einläutet.

 

Leicht beschleunigen wir unseren Schritt und sind gleich darauf da. Während Lirulin schon einmal auf den Söller geht und uns dort Plätze freihält, bringe ich Aurora in die Halle des Feuers, wo einige Jugendliche (also unter 100) auf die Jüngeren Kinder aufpassen.  Dort übergebe ich sie einer schwarzhaarigen Noldor, dann kehre ich zu dem Söller zurück.

 

Hier zeigt es sich, wie klug es war, dass Lirulin mir den Platz frei gehalten hat, denn obwohl extra Stühle herbei geschafft worden waren, ist kein einziger Sitzplatz mehr frei, bis auf den, den Lirulin mir freihält, und auch die Stehplätze werden knapp.

 

Unauffällig setze ich mich neben Lirulin.

 

„Ist mit Auri alles in Ordnung?“, erkundigt er sich leise. Bejahend nicke ich, doch dann lenke ich meine Aufmerksamkeit auf Elrond, der sich von seinem erhöht stehenden Stuhl erhebt und in einer gebieterischen Geste für Ruhe sorgt. Sofort verstummt das aufgeregte Getuschel der Elben.

 

Der Lord spricht ein paar einleitende Worte, dann kommt er auf den Grund der Versammlung zu sprechen. Er berichtet von der Nachricht von Asmund Amundssohn, von dem Verbrannten Dorf, den Fußspuren, die wir dort fanden und von der Verletzung Alphmorns. Als er endet herrscht schockiertes Schweigen, dann beginnen die Elben wieder zu tuscheln. Elrond lässt ihnen Zeit, dann hebt er wieder die Hände und Ruhe kehrt ein.

 

In der vollkommenen Stille klingt Elronds Stimme warm, ruhig, und voll durch Imladris. Er sagt den Elben, dass Boten in alle Winkel Mittelerdes gesendet werden, um die anderen Reiche zu warnen, zudem kündet er an, dass die Wachen rund um Imladris verstärkt werden.

 

Der Rat dauert insgesamt mehr als drei Stunden, da Elrond jeden zu Wort kommen lässt, der sich meldet und alle Fragen geduldig beantwortet.

 

Meinen Plan, noch heute aufzubrechen kann ich mir abschminken – als sich der Rat dem Ende zuneigt, setzt bereits die Dämmerung ein.

 

Bevor ich zu Bett gehe schaue ich noch einmal bei Angreninaur vorbei.

 

„Hey Sureto, schön dass du kommen konntest“, begrüßt er mich auf seine Herzliche, für einen Elben etwas raue Art.

 

„Ich habe etwas für dich“, verkündet er ganz hibbelig. Stolz reicht er mir einen überraschend schweren Beutel, den ich neugierig öffne.

 

Entgeistert schnappe ich nach Luft. In dem Beutel sind gut dreihundert Patronen.

 

„Bei den Valar!“, mir fehlen die Worte. Er lächelt gerührt, als er meine Reaktion sieht.

 

„Probiere sie aus!“, fordert er und deutet auf eine Zielscheibe an der Stirnseite des Raumes.
Ich ziehe meine Smith&Wesson aus dem Gürtel, entferne die Patronen aus der Trommel und lade sie stattdessen mit sechs der neuen Patronen.

 

Ich richte den Revolver auf das Ziel, die Schusshand auf der linken Hand abgestützt, die Ellenbogen leicht angewinkelt, um den Rückstoß abzufedern. Rasch drücke ich sechs Mal hintereinander ab.

 

„Danke, vielen, vielen Dank!“ Impulsiv umarme ich den etwas perplexen Schmied.

 

 

 

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