Kapitel 30

der brüllende Jaguar

 

Wir brechen im Morgengrauen auf. Die Frau von Hölknir hat erstaunliches Geschick in der Heilkunst bewiesen und die Wunde schmerzt nicht mehr so sehr, was allerdings auch an den Selbstheilkräften der Elben liegt.

 

Ich helfe Hölknir, die zwei kräftigen Kaltblüter vor den Karren zu spannen, dann klettere ich hinten herauf und mache es mir auf den mit einer Decke bedeckten Strohsäcken, die Hölknir extra für mich auf den Karren gelegt hat, bequem.

 

Hölknir steigt auf den Kutschbock, nimmt die lange Peitsche und lässt sie durch die Luft knallen. Sofort ziehen die großen, kräftig gebauten Pferde an und fallen in einen zügigen Trab. Schotaker läuft ohne Sattel und Zaumzeug nebenher – beides liegt neben mir auf dem Karren.

 

Ich krame eine Karte von Gondor aus einer Satteltasche und beginne mit Hilfe eines Zirkels, den ich aus einem Lederetui ziehe, die Entfernung auszumessen.

 

Ich runzle die Stirn, diese Entfernung kann ich vielleicht mit Schotaker an einem Tag überwinden, aber doch nicht mit zwei Ackergäulen und einem Karren, auch wenn ich zugeben muss, dass wir uns recht schnell vorwärtsbewegen.

 

Ich überschlage, wie lange wir brauchen würden, wenn dies unser durchschnittliches Tempo wäre, vierzehn Stunden und neunzig Minuten – besser fünfzehn Stunden. Die Sonne scheint in dieser Jahreszeit neuneinhalb Stunden.

 

Ich beuge mich über die Lehne des Kutschbocks zu Hölknir.

 

„Herr Hölknir?“, mache ich ihn auf mich aufmerksam. Er dreht sich zu mir um und signalisiert mir, dass ich seine volle Aufmerksamkeit habe. Ich halte die Karte hoch und deute auf unseren ungefähren Standpunkt. „Von hier aus bis nach Osgiliath“ –ich zeige auf die Stadt – „sind es über 155 Meilen, dass ist unmöglich bis Sonnenuntergang zu schaffen. Selbst wenn wir dieses Tempo beibehalten und keine Pause machen würden – was eigentlich unmöglich ist – würden wir mindestens fünfzehn Stunden brauchen.“

 

Er sieht mich verdattert an. „Aber die Sonne scheint doch fünfzehn Stunden.“

 

Ach und im Sommer vergeht die Zeit tagsüber langsamer und nachts schneller, während es im Winter andersherum ist? Denke ich, will den Mann aber auch nicht beleidigen, also sage ich stattdessen: „Wenn es Sommer wäre, hättet ihr recht, aber jetzt ist Winteranfang, die Sonne scheint zur Zeit nur etwa neuneinhalb Stunden.“

 

Seine Lippen formen ein überraschtes „Oh“.

 

D

 

Fünfzehneinhalb Stunden später

 

Die Pferde keuchen schwer und sind schweißüberströmt. Mit schlagenden Flanken bleiben sie vor den geschlossenen Toren Osgiliaths stehen. Schaum tropft von ihren Mäulern.

 

Ich winke Schotaker herbei und lege ihm das Zaumzeug an. Auch er ist erschöpft und protestiert nicht einmal. Wir haben tatsächlich nur eine halbe Stunde Pause gemacht und die verlorene Zeit durch kurze Strecken Galopp wieder wettgemacht. Mich wundert, dass die Kutschpferde das durchgehalten haben, sie haben wohl mehr Ausdauer, als ich ihnen zugetraut habe.

 

Selbst diese kurze Bewegung, mit der ich mich vorbeuge und dem Hengst das Halfter überstreife, lässt meine Wunden schmerzen und ich muss ein Zischen unterdrücken, diese Tortur war der Heilung nicht grade zuträglich.

 

Hölknir springt vom Kutschbock und klopft an das schwere Tor. Es dauert ein paar Augenblicke, dann öffnet sich ein schlitz auf Augenhöhe eines erwachsenen, durchschnittlichen Menschen, weiter unten sehe ich noch einen zweiten Schlitz, der momentan allerdings geschlossen ist.

 

„Wer ist da?“, fragt eine dunkle Stimme unfreundlich.

 

„Hölknir Jónkisson aus Calenardhon und Sureto Tokei-ihtosell aus Imladris“, stellt uns Hölknir vor.

 

„Imladris? Etwa eine Elbin?“

 

Aíe“ (Ja), melde ich mich zu Wort und schlage meine Kapuze zurück, die ich aufgesetzt habe, um neugierige Blicke zu vermeiden.

 

„Was will eine Elbin hier in Gondor?“

 

„Ich habe eine Botschaft für König Elendil und seine Söhne.“

 

„Worum geht es?“ Seine vorherige Abneigung macht milder Neugierde Platz.

 

„Sauron.“
Der Sehschlitz wird geschlossen.

 

Kurz befürchte ich, wir würden ausgesperrt werden,  doch dann vernehme ich ein leises Schaben, als ein komplexer Mechanismus in Gang gesetzt wird, der die schweren Riegel zurückgleiten lässt. Das riesige Tor aus vielfach gehärtetem Stahl schwingt beinahe lautlos in den gut geölten Angeln auf.

 

Ein Mann mit einer Laterne tritt aus dem Tor. Das flackernde Licht wirft Schatten auf sein ungesund bleiches Gesicht. Er tritt neben den Karren und untersucht ihn kurz, findet jedoch nichts, was Anstoß erregt.

 

„Ihr könnt rein.“ Seine Zähne sind vom Tabak braun und fleckig.

 

Hölknir schnalzt mit der Zunge und die erschöpften Pferde ziehen an.

 

„Wenn ich hierherkomme, übernachte ich immer im schwankenden Matrosen, ein ganz nettes Wirtshaus, nichts Besonderes an sich, hat aber ´ne nette Atmosphäre“, empfiehlt Hölknir und auch ihm ist die Müdigkeit deutlich anzusehen. Da ich mich hier nicht auskenne und keine Lust habe, Zeit aufzuwenden, um etwas anderes zu suchen, stimme ich zu und muss ein Gähnen unterdrücken.

 

Obwohl es schon beinahe Mitternacht ist, ist auf Osgiliaths Straßen noch so einiges los. Einige Betrunkene taumeln über die Straßen, ein anderer kommt aus einer Schenke, krümmt sich zusammen und erbricht sich auf die Straße.

 

Hölknir bemerkt meinen Abscheu und beeilt sich zu versichern: „So sieht es natürlich nicht überall in Osgiliath aus. Das hier ist das Viertel der Ärmeren, in den anderen Vierteln – und vor allem tagsüber – sieht hier alles viel besser aus.“

 

Ich nicke, dann fällt mir ein, dass er mich ja nicht sieht. „Dann ist es ja gut.“

 

Der Karren rumpelt über eine Brücke, wir verlassen das Armenviertel und kommen in das der „Normal Betuchten“. Hier sieht es tatsächlich viel besser aus. Nach zehn Minuten hält Hölknir den Karren mit einem lauten „Brrrr“ an.

 

Unsere Ankunft wurde anscheinend schon bemerkt, jedenfalls kommt sofort ein junger Bursche aus dem Wirtshaus und greift nach den Zügeln der Kutschpferde.

 

„Hölknir alter Junge, schön dich mal wiederzusehen.“ Er lässt ein schneeweißes Lächeln aufblitzen. Trotz der späten Stunde ist er putzmunter und bester Laune.

 

Das trifft auf mich leider nicht zu.

 

Schotaker“, raune ich leise, „pad-ná i dîr neth, mellon nin.“ (Schotaker. gehe mit dem jungen Mann, mein Freund.)

 

Er schnaubt zustimmend und erlaubt dem Burschen seine Zügel von dem Karren zu lösen und ihn mit den beiden Kutschpferden, die noch immer vor den Karren gespannt sind, in den Stall zu führen.

 

Ich ziehe die Kapuze wieder auf und folge Hölknir in das von Öllaternen beleuchtete Wirtshaus.

 

Unauffällig halte ich mich im Hintergrund, während Hölknir den kräftig gebauten Wirt wie einen alten Freund begrüßt. Der Wirt – Berkan, wie ich dem ebenso lebhaften wie lauten Gespräch der beiden entnehme - streift mich nur einmal flüchtig, ignoriert mich ansonsten aber.

 

Schließlich scheinen sie mit der Begrüßung und dem üblichen belanglosen Geplänkel fertig zu sein.

 

„Du hast doch sicher noch zwei Zimmer für mich und meine Begleitung frei, oder Berkan?“ Zur Antwort schlägt ihm der Wirt und Inhaber des Hauses mit einer seiner fleischigen Pranken so fest auf die Schulter, dass der Bauer leicht in den Knien einknickt. „Für dich habe ich immer ein Zimmer frei“, dröhnt er mit einem tiefen Bass. „Wer ist eigentlich deine Begleitung?“

 

Ich seufze, genau das wollte ich nicht. Dennoch setze ich ein freundliches Lächeln auf und schlage die Kapuze zurück. Der Wirt nickt. Anscheinend ist es für ihn keine sonderlich große Überraschung eine Elbin zu sehen, die übrigen Besucher sind bereits zu betrunken, um mich zu bemerken.

 

Für einige Augenblicke verschwindet der Wirt, dann kommt er mit zwei Schlüsseln zurück.

 

„Die Zimmer liegen direkt nebeneinander, Treppe rauf dann die zweite und dritte Tür links.“

 

„Hannon le“, bedanke ich mich und unterdrücke meinen Akzent dabei etwas. Hölknir tippt sich mit zwei Fingern an die Schläfe, Berkan erwidert den Gruß.

 

„Soll ich euch etwas zu essen auf euer Zimmer bringen lassen?“

 

Aus meinem künstlichen Lächeln wird ein echtes. „Ja das wäre sehr nett.“

 

„Was wollt ihr? Steak? Lamm? Rind? Haxe? Oder etwas ganz anderes? Wir haben auch Salat, Auflauf…“

 

Ich höre ihm nicht mehr zu, sondern wende mich flüsternd an Hölknir. „Könnt ihr mir etwas empfehlen?“

 

„Das Schweineschnitzel hier ist das Beste in ganz Mittelerde. Dazu Kartoffelmus und grüne Bohnen.“

 

„Danke.“
Berkan hat sich nun richtig in Fahrt geredet. Vorsichtig versuche ich, ihn auf mich aufmerksam zu machen, doch er bemerkt mich nicht einmal. Ich atme tief ein und hebe die Stimme. „HERR BERKAN!“ Erschrocken zuckt er zusammen und sieht mich verwundert an.

 

„Ich nehme das Schnitzel mit Kartoffelmus und grünen Bohnen“, sage ich vollkommen entspannt, als wäre nichts geschehen.

 

„S…Sicher. I… ich schicke ein Mädchen, das es Euch aufs Zimmer bringt.“ Eingeschüchtert wuselt er davon.

 

„Und was ist jetzt mit mir?“, murmelt Hölknir zu sich selbst.

 

„Herr Berkan?“ Wie erstarrt bleibt der Genannte stehen. „Herr Hölknir hat seine Bestellung noch nicht abgegeben.“ Dankend nickt mir dieser zu. „Für mich das Gleiche.“ Berkan nickt und verschwindet eilig in der Küche. Ich höre, wie er die Köchin auffordert, sich zu beeilen.

 

Als einer der übrigen Gäste lallend nach einem Bier verlangt, hört man Berkans laute Stimme, und gleich darauf kommt eine Schankmagd herbeigeeilt und zapft dem Mann einen Krug Bier aus dem Fass, das auf der Theke steht.

 

Neugierig geworden trete ich an die Theke, auch wenn es gehörig an der Wunde ziept. Ich lächle die Schankmagd freundlich an. „Für mich bitte auch ein Bier.“ Sie lächelt zurück, holt einen hölzernen Bierhumpen unter der fleckigen Holzplatte hervor und füllt es bis zum Rand, der weiße Schaum ragt über den Rand hinaus, bildet eine Kuppel, wächst weiter.

 

Vorsichtig nehme ich den Krug in beide Hände und versenke die Oberlippe in den Schaum. Schmeckt irgendwie komisch. Dann trinke ich einen Schluck. Angewidert verziehe ich das Gesicht. Bitter. Dennoch kann ich nicht widerstehen und probiere nochmal. Und nochmal und nochmal und schließlich ist der Humpen leer.

 

Die Schankmagd hat meine erste Bekanntschaft mit Bier amüsiert verfolgt, und als ich nun den Humpen auf den Tresen zurückstelle fragt sie mit einem offen Lächeln: „Noch eins?“

 

Mit einem leisen Lachen winke ich ab. „Nein Danke, eins reicht. Wie viel schulde ich dir?“

 

„Geht aufs Haus.“ Sie lächelt mich lieb an.

 

„Danke, das ist lieb von dir.“ Ich greife dennoch in meinen Geldbeutel und ziehe zwei Castar hervor, die ich ihr unauffällig zuschiebe, eine ganze Menge Geld. „Für dich. Verschwende es nicht.“ Sie wird ganz rot vor Freude, nimmt mit leicht zittrigen Fingern die Münzen und steckt sie in eine kleine Tasche in ihrem Ausschnitt.

 

„Danke, vielen Dank…“, fängt sie an zu plappern.

 

Ich grinse etwas und unterbreche ihren Redefluss indem ich die Hand hebe. „Du brauchst mir nicht zu danken.“

 

Sie strahlt mich noch einmal an, dann wendet sie sich einem anderen Kunden zu, der lautstark nach einem Bier verlangt.

 

Auf einmal fällt mir noch etwas ein. Ich warte, bis sie fertig ist, ehe ich sie wieder auf mich aufmerksam mache. „Könntest du Verbandszeug und Wundsalben für mich besorgen?“

 

„Seid Ihr verletzt?“, haucht sie und beugt sich weit über den Tresen.

 

„Etwas.“ Die Untertreibung des Jahrhunderts.

 

„Natürlich, ich bringe es zusammen mit dem Abendessen auf Euer Zimmer.“

 

„Vielen Dank Frau…“

 

„Anoril und bitte ohne Frau.“

 

„Ich bin Sureto. Ein schöner Name übrigens.“

 

„Ja.“ Etwas verlegen beißt sie sich mit strahlend weißen Zähnen auf die Unterlippe. „Wenn ich nur wüsste, was er bedeutet…“

 

„Sonnenglanz“ erwidere ich ohne zu zögern. Sie lacht auf. „Eru, wie kitschig!“  

 

„Es ist eben ein Elbischer Name“, meine ich, als wäre dies eine Erklärung - ist es aber irgendwie auch. Sie wirft den Kopf in den Nacken, was ihr rotbraunes Haar anmutig schwingen lässt, und lacht herzhaft.

 

Ich spüre, wie Hölknir neben mich tritt. Er bedeutet mir, dass er mir etwas sagen möchte. Ich beuge mich leicht zu ihm herunter.

 

„Wir sollten langsam auf unsere Zimmer gehen.“ Ich nicke. Ein unangenehmes Ziehen im Rücken lässt mich zusammenzucken. Zum Glück kenne ich ein überaus effektives Schmerzmittel.

 

„Anoril? Kannst du mir eine Flasche Wein und ein Glas geben?“

 

Sie nickt, anscheinend hat sie den Grund dieser Bitte sofort durchschaut. An der Wand steht ein gut gefülltes Weinregal vor einem Spiegel, darüber sind die Weingläser umgekehrt aufgehängt. Sie nimmt eines und fragt: „Welchen Wein? Roter, weißer, alt, jung?“

 

„Roter, der Rest ist egal.“ Sie zieht eine Flasche hervor, begutachtet das Etikett und stellt sie wieder zurück. So verfährt sie mehrere Male, bis sie schlussendlich ein zufriedenes Geräusch von sich gibt und mir eine Flasche hinhält.

 

„Ein zehn Jahre alter Dornfelder“, verkündet sie stolz.

 

„Ich danke dir. Wie viel bekommst du?“

 

„Drei Tharni.“ Wie schaut etwas unsicher, ob es mir nicht zu viel ist. Ich nicke  und zieh einen weiteren Castar hervor. Als sie mir das Rückgeld geben möchte, winke ich ab. Ich nehme die Flasche vom Tresen und gehe, nachdem ich ihr eine Gute Nacht gewünscht habe, zusammen mit Hölknir hinauf in den zweiten Stock. Ich sehe kurz auf die Nummer, die mit schnörkliger Schrift in den Schlüsselanhänger eingraviert ist, 103. Es ist die dritte Tür im Gang, Hölknir hat die 102 direkt neben mir. Die  Zimmernummern aus poliertem Messing sind an den Türen festgeschraubt. Ich drehe den Schlüssel, und mit einem leisen Klicken öffnet sich die hölzerne Tür. Sie quietscht leise.

 

Das Zimmer ist gemütlich eingerichtet, ein großes Bett mit Kopf- und Fußgestellen aus Metall, das rankenartig ineinander verschlungen ist. Ein massiger Schreibtisch, auf dem ein Tintenfass steht, samt Stuhl befinden sich auf der gegenüberliegenden Seite unter dem vergitterten Fenster. Das ganze Zimmer ist mit einem braunen Teppich ausgelegt. Vor einem großen Kamin stehen zwei Sessel, neben dem Kamin sind auf einem Gestell Feuerholz und Anzünder bereitgestellt worden.

 

Ich setze mich auf das Bett und ziehe meine Tunika aus. Der Verband, den mir Hölknirs Tochter um Rücken und Schulter gewickelt hat, ist bereits feucht von Blut. Ich fluche leise, dann klopft es auch schon an der Tür.

 

Rasch ziehe ich die Tunika wieder an und öffne die Tür. Es ist Anoril. Sie hat den zweiten Teller wohl schon bei Hölknir abgeliefert. Wie versprochen hat sie auch Verbandszeug dabei.

 

„Darf ich?“ Ich mache ihr Platz und lasse sie herein. Sie bleibt kurz unschlüssig stehen, dann stellt sie den Teller auf dem Schreibtisch ab.

 

„Brauchst du Hilfe dabei, den Verband anzulegen?“

 

„Ja, wenn es keine Umstände macht…“ Es ist mir peinlich, eine beinahe Fremde um Hilfe zu bitten. Sie lächelt entwaffnend. „Ich habe eine Weile in den Häusern der Heilung gearbeitet, also keine Bange, ich weiß was ich tue.“

 

Ich atme tief durch, ehe ich mich verkehrtherum auf den Schreibtischstuhl setze, die Tunika ausziehe und die Arme auf der Lehne verschränke.

 

Als Anoril die blutgetränkten Verbände sieht, schnappt sie entsetzt nach Luft.

 

„Wie ist denn das passiert? Bei Eru, ihr müsst sofort in die Häuser der Heilung, die Verletzung muss vielleicht genäht werden…“

 

„Nein!“, sage ich entschieden. „Ihr hattet angeboten, die Wunde zu versorgen, also tut es jetzt bitte auch. Nur die Verbände wechseln und Salbe auf die Wunde machen. Der Rest erledigt sich mit der Zeit von selbst.“ Eingeschüchtert von meinem strengen Ton nickt sie und beginnt die Verbände abzunehmen. Es kostet mich einige Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen, als sie dabei den Schorf, der sich mittlerweile gebildet hat, aufreißt.

 

Mit lauwarmem Wasser wäscht sie das Blut ab, das aus der wieder geöffneten Wunde fließt und reinigt sie. Dann trägt sie sanft eine angenehm kühlende Salbe auf und legt die Verbände wieder an.

 

„Ich danke dir“, sage ich leise und streife die Tunika wieder über.

 

„Gern geschehen. Soll ich morgen wieder kommen und die Verbände noch einmal wechseln?“

 

„Ja, da wäre nett.“